Montag, 10 März 2003 | 45.11.069

Mut zum Frieden - Mut zur Veränderung

Das Bemerkenswerteste an dieser Regierungserklärung ist der 'Mut zur Rede', also daß der Kanzler sich überhaupt traut, noch'ne Rede zu halten,

weil: wirklich Mut, also 'Handeln' (!) zum Frieden, zur Veränderung, oder, z.B., zur Demokratie oder eben zu einer halbwegs sinnvollen, professionellen, verfassungsgemäßen Politik ... - das is ja nich !!

das wird ja wieder nur Gequatsche, bis einem die Ohren dröhnen,

und was dann anschließend tatsächlich gemacht wird, hat weder mit dem einen noch mit dem anderen was zu tun;

wir haben, in der Praxis, die groteske Situation, daß, je mehr die SPD von Gerechtigkeit im allgemeinen und von sozialer Gerechtigkeit im besonderen redet,

desto weniger Gerechtigkeit haben wir im Lande,

und je mehr die CDU/CSU vom Christentum im allgemeinen und von der Nächstenliebe im besonderen redet,

desto weniger Liebe haben wir im Lande,

und die eigentliche Katastrophe daran ist, daß die Parteien bzw. deren Führungsebene sich darin einig sind, daß das ein abgekartetes Spiel ist,

Mißbrauch und Täuschung etc., zunächst der Parteimitglieder, um an die Führungsjobs in der Partei zu kommen,

und dann des Volkes, um an die Jobs im Staat zu kommen,
und das auf allen Führungsebenen !


da traut sich z.B. der Florian Gerster wiedermal,

Arbeitslosigkeit und Hängematten-Mentalität

mit einander in Verbindung zu bringen, und spricht über

Langzeitarbeitslosigkeit und gesellschaftliche Verantwortung;

es gibt gar keine 'gesellschaftliche' Verantwortung, wie soll die denn aussehen ?

es gibt, genau genommen, auch nicht diese immer wieder zitierte 'politische' Verantwortung;

es gibt nur eine Verfassung, und in der steht: der Bundeskanzler bestimmt ... - und 'trägt' da-für die Verantwortung (!)

statt dessen tut der Bundeskanzler nichts, und die Verantwortung dafür, daß dann natürlich auch nichts voran geht, bzw., weil ja alles fließt, nicht nur nichts voran geht, sondern wir immer weiter zurückfallen,

die Verantwortung dafür wird dann immer wieder und zunehmend abgeschoben auf so ominöse und völlig unsinnige Begriffe wie gesellschaftliche oder politische etc. Verantwortung.


oder da traut sich die Sigrid Skarpelis-Sperk z.B.,

so einen hanebüchenen Unsinn auszusprechen, die Bundesbank verabschiede sich vom Sozialen in unserer Marktwirtschaft;

wenn sich hier bei uns irgend jemand von irgend etwas verabschiedet, dann ist es die SPD, die sich nicht nur von der Marktwirtschaft, sondern von jeder Art von sinnvoller Wirtschaft und Beschäftigung verabschiedet,

so daß gar nichts mehr da ist, von dem man das Soziale noch verabschieden könnte.


oder da traut sich der ehrenwerte Herr Bundespräsident Johannes Rau immer wieder, seit Jahren, seit Jahrzehnten, unendlich ..., solche Worthülsen von sich zu geben wie:

'Als Dauerzustand ist eine so hohe Arbeitslosigkeit unerträglich, wir dürfen uns nicht damit abfinden, das würde die Demokratie gefährden'

es gibt für jedwede unfreiwillige Arbeitslosigkeit überhaupt keinen anderen Grund als die Unfähigkeit der politischen Führung

und Dauerarbeitslosigkeit und hohe Arbeitslosigkeit und gar hohe Dauerarbeitslosigkeit sind nicht nur 'unerträglich' (??),
sondern verstoßen schlicht und einfach gegen jede Art von Vernunft, gegen elementares Menschenrecht, wenn das noch irgend einen Sinn machen soll,

und die Demokratie kann schon deshalb nicht 'gefährdet werden, weil sie durch die Art und Weise, wie nicht zuletzt eben der Bundespräsident bzw. wie praktisch bereits auch schon Richard von Weizsäcker und Roman Herzog

mit ihren jeweiligen Legislativ, Exekutiv, Judikativ und Bundesrats-Präsidenten Politik gemacht haben,

die Demokratie längst beseitigt haben !!!

und nur das erklärt ja auch, weswegen diese angeblich unerträgliche Arbeitslosigkeit für diese Herren auch als Dauerzustand offensichtlich ganz gut erträglich ist !!!


oder, nächste bundespräsidiale Worthülse :

'(Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit kann nur erfolgreich bestanden werden), wenn alle, die Verantwortung tragen - Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften - ihre Anstrengungen bündeln ... und zusammenarbeiten'

das ist, gelinde gesagt, immer wieder so, wie sich das kleine Fritzchen die große Politik vorstellt;

nochmal : 'Die Verantwortung ... trägt der Bundeskanzler', und niemand sonst, niemand aus der Wirtschaft oder den Gewerkschaften - wieso denn ausgerechnet die ? - und auch niemand von den Kirchen oder den Medien oder sonst wer;

wir haben auf der einen Seite die Politik, gewissermaßen den pater familias,

und alle anderen (!) haben einen Anspruch gegen die Politik bzw. die politische Führung

daß die Dinge so geregelt und gestaltet werden, daß die verfassungsmäßigen Interessen gewahrt und zumindest theoretisch ein gewisser Freiraum für individuelle Wünsche ermöglicht wird,

und solange sich diejenigen, die in die politische Führung drängen, sich nicht dazu bekennen, daß sie das leisten und vor allem auch lernen müssen, was professionelle und verfassunsgemäße politische Führung ist,

solange Politik immer wieder nur Spaß machen soll,

solange werden wir uns immer wieder diese hirnverbrannten Reden und Interviews anhören müssen, mit denen sich die 'politisch Verantwortlichen' immer wieder nur selbst Mut machen - bis zum geht nicht mehr, bis zum bitteren Ende, wie gehabt.
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